Die sogenannten Millenial-Medien (ze.tt, bento, jetzt.de, watson, Buzzfeed, Vice usw.) standen seit ihrer Gründung nicht nur unter einem enormen Rechtfertigungsgrund in die Branche hinein, welche Themen da plötzlich angerissen wurden, sondern hatten auch stets die Aufgabe, möglichst schnell in Reichweite zu wachsen und sich dann zu refinanzieren. Eine belastende Hürde, die von tradierten Medien in diesem Ausmaß selten verlangt wird.

Um für ze.tt neben Banner-Ads, Branded-Content-Inhalten und klassischer Vermarktung ein weiteres Standbein zu schaffen, entwickelte ich über etwa ein Jahr lang ze.tt gr.een. ze.tt gr.een startete im Januar 2020 als erstes Paid-Membership-Modell eines Millenial-Magazins. Das besondere an gr.een ist nicht nur, dass hier der Community-Gedanke, anders als bei klassischen Paywalls, im Mittelpunkt steht, sondern, dass sich das Geschäftsmodell über zwei Finanzierungsstränge trägt beziehungsweise trug. Denn um das vorwegzunehmen: Mit dem Entschluss, ze.tt von einem eigenständigen Magazin zu einem Ressort von Zeit Online werden zu lassen, musste ze.tt gr.een nach nur fünf (sehr erfolgreichen Monaten) Mitte 2020 wieder eingestellt werden.

https://meedia.de/2020/01/20/ze-tt-startet-alternatives-bezahlmodell-der-member-im-vordergrund-stehen-und-nicht-der-verkaufsgedanke/

Warum gr.een?

In Anlehnung des verstärkten Interesses vor allem einer jüngeren Zielgruppe an den Themen Klimaschutz (etwa durch die Fridays for Future Bewegung) und einem nachhaltigeren Lebensstil, wollte ich ein Community-Modell schaffen, das nicht nur mehr Inhalte (in Form von zusätzlichen Artikeln) bereithielt, sondern eine Möglichkeit bot, seinen Lebensstil (bewusste Ernährung, nachhaltige Kleidung etc.) besser verwirklichen zu können – und sich darüber auszutauschen.

Hierzu schuf ich dann mit meiner Marketingmanagerin Claire Zeidler drei unterschiedliche Pakete, die man für drei bis 13 Euro monatlich über unseren technischen Partner Steady erwerben konnte. Inhaltlich reichten diese Pakete vom einfachen Lesen und Kommentieren unserer Zusatzinhalte über das Pflanzen eines Baumes im Amazonas bis zur ze.tt-gr.een-Nutzung für die ganze WG und einem monatlichen Austausch mit der Redaktion.

Nachhaltiger Konsum und zweiter Finanzierungsstrang

Zusammen mit OroVerde pflanzten wir ab dem Kauf des zweiten Mitgliedpakets Green Date einen Baum im tropischen Regenwald. Für alle Mitglieder boten wir zudem vergünstigte Konditionen zum Einkaufen bei unseren Nachhaltigkeits-Partner*innen an. Zu diesen gehörten ausschließlich von uns ausgewählte Unternehmen, deren Geschäftskonzepte sich ebenfalls auf Nachhaltigkeit fokussieren. So hatten die ze.tt-Mitglieder die Möglichkeit, jeden Monat Rabatte von zum Beispiel Avocadostore, Einhorn, Original Unverpackt, CleverShuttle, Veganz, Tomorrow Bank, Coffee Circle und Sirplus einzulösen.

Die Kooperationspartner*innen, die mit uns für ze.tt gr.een zusammenarbeiteten, waren natürlich in keiner Weise an der redaktionellen Gestaltung von ze.tt beteiligt oder hatten auf diese Einfluss. Jedoch war meine Idee der doppelten Finanzierung die, dass diejenigen Unternehmen, die sich als Partner*innen für gr.een verpflichteten, gleichzeitig vergünstigte Werbepakete im Branded-Content-Bereich ze.tt's erhielten. So sollte für ze.tt sichergestellt werden, dass wir nicht nur Einnahmen über die Mitgliedschaften unserer Community erzielten, sondern auch über Werbung unserer am Geschäftsmodell beteiligten Partnerunternehmen. Ein Modell das aufging: Wir hatten nach bereits fünf Monaten rund 1.600 zahlende Mitglieder und jede Menge Nachhaltigkeitsunternehmen, die mit uns kooperieren wollten.

Runter von Facebook und Kommentieren im eigenen Communitybereich

Lange war einer der größten Kritikpunkte der ze.tt-Community, dass das Kommentieren auf der Seite nur via Facebook-LogIn möglich sei. Das änderten wir ebenfalls mit der Einführung gr.eens, indem wir die Mitgliedschaft mit unserem neugestalteten Kommentarbereich verknüpften, in dem man nun Facebbok-unabhängig einen eigenen Avatar erstellen, mit anderen diskutieren oder einfach unter Artikeln auf der Website kommentieren konnte.

Für die Mitglieder gab es, wie bei anderen Bezahlmodellen auch üblich, einen eigenen LogIn-Bereich, der entweder direkt über einen Button rechts oben auf jeder ze.tt-Seite angesteuert werden konnte oder der sich öffnete, nachdem man auf die Blurring-Line der zu gr.een-gehörenden Artikel klickte.

Neue Themen und Medienkompetenz

Zur Einführung gr.eens starteten wir ebenfalls unser Crime-Ressort, das an den Erfolg anderer Crime-Formate anschließen sollte. Hier veröffentlichten wir jede Woche eine True-Crime-Reportage, arbeiteten mit einer Gerichtsmedizinerin und einem Krimi-Buchhändler zusammen und erzählten die skurrilsten Polizeigeschichten. Ziel war es, eine eher weibliche, eher jüngere Leser*innenschaft für diesen Themenbereich zu gewinnen.

Da ich denke, dass Medien ein stückweit in der Bringschuld sind, journalistische Arbeit auch für Nicht-Journalist*innen nachvollziehbar zu machen, boten wir themenspezifische Videochats an, die zu öffentlichen Redaktionskonferenzen und Mitglieder-Treffen ausgebaut werden sollten, was durch die im März akut werdende Corona-Krise zunächst zerschlagen wurde.

Abwicklung von ze.tt gr.een

Ein gerade erst gestartetes, erfolgreiches Geschäftsmodell nach wenigen Monaten wieder abwiegeln zu müssen, ist ein Prozess der einer transparenten Kommunikation bedarf. Nach dem oben bereits erwähnten Beschluss, ze.tt in ein Ressort von Zeit Online umzustrukturieren, boten wir allen zahlenden Mitgliedern die Möglichkeit, kostenfrei und ohne vertragliche Verpflichtung für mehrere Monate ein Zeit-Digital-Abo zu erhalten. Hierzu kommunizierten wir mehrfach über unsere gr.een-Newsletter und standen bei Rückfragen über eine eigens für die Mitglieder eingerichtete E-Mailadresse für Nachfragen zur Verfügung. Da ze.tt als Ressort von Zeit Online innerhalb der Website von Zeit Online stattfinden wird und dort bereits eine sehr erfolgreiche Paywall etabliert ist, schloss es sich aus, eine weitere Bezahlschranke einzubauen.

Hinweis: Die Form des Geschäftsmodells "gr.een" befindet sich im Patentierungsprozess, wer Selbiges auf seine Inhalte anwenden möchte oder hierzu Fragen hat, kann sich gerne bei mir per E-Mail melden.