Nach wie vor arbeiten wir meist in sehr homogenen Teams. Die bestehen, je nachdem welche Branche man sich anschaut, aus eher weißen Mitarbeiter*innen, die zu einem überwiegenden Teil von einem Chef geführt werden. Durch die unausgewogenen Geschlechter- und Herkunftsverhältnisse (etwa auch Arbeiterkind, ostdeutsch, Kinder aus ehemaligen Einwandererfamilien etc.) in Führungspositionen, aber auch in Jobs insgesamt, entstehen vielbesprochene Probleme: Lohn- und Wohlstandsungerechtigkeiten (Gender Pay Gap), ungleiche Chancen auf Fortbildung und Leitungsfunktionen, ungleiche Verteilung der häuslichen Care Arbeit in Familien und vieles mehr.

Hieran schließt sich meist eine eher tradierte Vorstellung von Arbeit an, die immer noch am häufigsten an einem festen Arbeitsplatz zu bestimmten Uhrzeiten in insgesamt fünf Werktagen und 40 Arbeitsstunden zu erfolgen hat. Diese insgesamt sehr konventionellen Strukturen der Zusammenarbeit verstellen meiner Meinung nach den Raum für neue Blickwinkel und schnellere Innovationen.

Als Chefredakteurin von ze.tt möchte ich ein möglichst diverses Team zusammenzustellen und fördern, um so meinem Anspruch einer breiteren, gleichberechtigteren Berichterstattung gerecht zu werden. Ich bin der Meinung, dass ich nur mit größtmöglicher Diversität in meinem Team auch der Diversität der Welt gerecht werden kann.

Diversität in den Medien

Der Großteil deutscher Redaktionen besteht aus eher männlichen, eher westdeutschen, weißen, akademischen Redakteuren. Das zeigt sich natürlich auch in der thematischen Ausgestaltung der Medien. Um das aufzubrechen und peu à peu auch zu einer vielfältigeren Berichterstattung zu gelangen, die dann auch eine breitere Zielgruppe anspricht, muss auch Menschen mit anderen Biografien der Zugang zu Jobs erleichtert werden.

Hierfür müssten Verlage, Medienunternehmen und auch Journalistenschulen ihre Rekrutierungs- und Talentförderungsstrukturen erneuern: Für ein modernes Teambuliding reicht es schon lange nicht mehr aus, Stellenausschreibungen auf die Verlagsseite zu stellen oder Nachkömmlinge von Henri-Nannen-Schule und Deutscher Journalistenschule zu beordern.

Um allen einen gleichberechtigten Zugang zu Jobs in den Medien zu ermöglichen, bräuchte es ein gezielteres People-Management, das sich etwa auch die Arbeit vieler junger freier Medienschaffender auf Social Media anschaut (Videoprojekte auf Youtube, Podcastreihen auf Spotify, Themenspezifische Feeds auf Insta ...). Oft habe ich den Eindruck, dass vor allem Soziale Medien viel zu selten genutzt werden, um junge Menschen zu rekrutieren. Eine weitere Maßnahme wären gezielte Werbekampagnen in Spektren, in denen zum Beispiel viel gezielter rassifizierte Menschen oder Menschen mit Behinderung erreicht werden können: Festivals, NGOs, Instastorys größerer Influencer*innen und vieles mehr.

Ich habe für meine Arbeit im Journalismus zum Beispiel schon früh eine Liste angelegt von jungen (und jüngeren) Kolleg*innen, deren Artikel, Videos oder andere Beiträge ich interessant fand und in denen ich Potenzial erkannte, mit ihnen zusammen Projekte umzusetzen oder voneinander zu lernen. So habe ich zum Beispiel die sehr talentierte Videomacherin Poliana Baumgarten, stilsichere Autorin Seyda Kurt und Rassismus-Expertin Celia Parbey für ze.tt gewinnen können.

Eine Verlegenheit deutscher Medien, die mir oft auffällt, ist die, spezifische Expert*innen möglichst schnell in etwa Talkshows und Interviews einzuladen, wenn es um sonst eher als "Randgruppen"-Themen behandelte Inhalte geht. Dies wurde zuletzt deutlich, als intensivst nach Schwarzen Medienschaffenden gesucht wurde, die nach dem Tod George Floyds zu rassistischen Strukturen in Deutschland Auskunft geben konnten. Plötzlich erhielten Journalist*innen, denen es sonst deutlich schwerer gemacht wird, in der Medienbranche Fuß zu fassen, Zugang zu eben jener. Ein Trend, der angesichts der sonstigen Teamzusammensetzung und Themenausrichtung kurzfristig und heuchlerisch wirkt: